Arbeit im Wertewandel

Geschwurbel von Daniel Schwamm (15.4.1994-18.04.1994)

Inhalt

1. Historischer Stellenwert der Arbeit

Wenn wir uns den heutigen Stellenwert der Arbeit in der Gesellschaft betrachten, so muss er im Gegensatz zu früheren Zeiten geradezu masslos erscheinen. Sehen wir uns dazu verschiedene gesellschaftliche Abstufungen an.

1.1. Vorzeit

Die Sammler- und Jägergesellschaft arbeitete dann und nur dann, wenn es nötig war, sie sich also durch äussere Zwänge wie z.B. Hunger dazu genötigt sahen. In Untersuchungen wurde festgestellt, dass keine andere Gesellschaftsform ein so hohes Schlafaufkommen pro Kopf besitzt, wie die sogenannten primitiven Naturvölker. Die Yanomami-Indianer im Amazonasgebiet sind bekannt dafür, dass sie so weit als möglich ihr Leben aus der Hängematte heraus regeln.

1.2. Antike

In der Antike wurde bereits mehr gearbeitet als in der Vorzeit, doch galt die Arbeit als eine unfeine Beschäftigung, die ausschliesslich den Mittellosen und Sklaven vorbehalten war; die höheren Schichten machten sich daran nicht die Hände schmutzig. Es gab zwar schon Regeln, die helfen sollten, grössere Arbeiten zu koordinieren, doch dachte noch niemand auch nur im Traum daran, den maximalen Nutzen aus der Arbeit des einzelnen Arbeiters herauszuholen.

1.3. Frühes Christentum

Die Juden waren die Ersten, die so etwas wie ein Arbeitsethos entwickelten, das dann von den Christen übernommen wurde. So heisst es u.a. in der Bibel, dass man im Schweisse seines Angesichts das Brot essen solle. Doch wiederum galten diese Regeln eher für das feudale Volk als für die Feudalherren selbst. "Bete und arbeite", forderte zwar Benedikt von Nursia um 500 n.Chr. Aber Überstunden, die galten als Versuch der Bereicherung - und damit auch als Sünde. Sogar Bettler, die gar nicht arbeiteten, waren immer noch besser angesehen als Tagelöhner, die sich durch kleinere Arbeiten über Wasser hielten.

1.4. Kreuzzüge und die Öffnung Europas

Die von der Kirche initiierten Kreuzzüge zur Eroberung des geheiligten Landes brachten nicht nur viele Tote mit sich, sondern bewirkten erstmals eine Berührung der europäischen Zivilisation mit einer anderen, die ihr überlegen war. Die Orientalen schreckten die erstarrten Europäer auf, ihre fahrenden Händler machten ob ihrer Geschäftstüchtigkeit den ansässigen Zünftlern ernsthafte Konkurrenz. Doch nur wenige Europäer verstanden es, dem etwas entgegenzusetzen - der Hanse jedoch, der gelang es, und zwar durch harte Arbeit über Generationen hinweg.

1.5. Renaissance

Die Renaissance stellte das Individuum in den Mittelpunkt des Geschehens. Jeder war nun das, was er aus sich machte, und weniger das, zu dem er geboren war. Zunächst allerdings wurde diese Botschaft eher vom Adel verstanden, als vom einfachen Volk, was den Feudalismus noch verstärkte, versuchten jetzt doch alle Fürsten, möglichst viel Reichtum anzuhäufen.

1.6. Reformation

Durch Luthers Ansichten bekam der Stellenwert der Arbeit einen gewaltigen Auftrieb. Insbesondere die rationale Arbeit, die gefälligst mühsam zu sein hatte, um vor Gott, dessen Instrumente die Menschen waren, Gefallen zu finden, wurde vom Protestantismus gefordert. Calvin nannte ausdrücklich jede Zeitverzögerung eine Sünde. Seine Prädestinationslehre v.a. war es dann auch, die die Menschen dazu veranlassten, in hauptsächlich wirtschaftlichen Erfolgen eine Auserwählung durch Gott zu erblicken.

1.7. Frühkapitalismus

Im 17. Jahrhundert trennten sich allmählich Staat und Kirche, wodurch u.a. die Rechtsprechung deutlich an Unabhängigkeit gegenüber den Dogmen der christlichen Lehre gewann. Um 1650 deklarierte Locke das Eigentum als ein Naturrecht eines jeden Menschen, d.h. als ein Recht, welches ihm von niemand mehr genommen werden durfte. Die Auserwählung hatte die Menschen zur Arbeit motiviert, aber die Möglichkeit, persönlichen Reichtum nicht nur anzuhäufen, sondern auch behalten zu dürfen, motivierte sie noch viel mehr.

1.8. Nationalökonomie und industrielle Revolution

Nach der Französischen Revolution begannen die Völker, sich als eine Einheit, eine Nation zu sehen, wobei es dem (gewählten) Staat oblag, der Nation zu Wohlstand zu verhelfen. Aus diesem Grund liessen die einzelnen Staaten ökonomische Programme, Patentgesetze, arbeitsrechtliche Massnahmen usw. entwickeln, um ihre Nation gegenüber anderen hervorzuheben. Da nach Locke Arbeit als die Quelle aller Reichtümer angesehen wurde, begann die Idee der allgemeinen Arbeitspflicht in der Gesellschaft zu reifen.

1.9. Marxismus

In der marxistischen Lehre erlebt der Stellenwert der Arbeit ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie sagt: Alles Glück komme von der Arbeit, und die Freiheit des Einzelnen sei nur durch Arbeit zu garantieren. In logischer Konsequenz fordert der Sozialismus daher ein gesetzliches Recht auf Arbeit, was real aber leicht als gesetzliche Pflicht zur Arbeit ausgelegt werden kann.

1.10. Moderne

Betrachtet man sich die Entwicklung des Stellenwerts der Arbeit - hier die faulen, aber zufriedenen Frühmenschen, dort die fleissigen, sozialistischen oder kapitalistischen Arbeitsbienen -, dann muss wohl jeder der Forderung zustimmen, dass es dringend an der Zeit ist, den Wert der Arbeit wieder zu relativieren.

2. Gegenwärtiger Stellenwert der Arbeit

2.1. Schneller, höher, weiter

Die Welt mag noch so sehr in Streitereien verwickelt sein, sie mag sich in politischen und kulturellen Dingen noch so uneinig sein, eine Sache scheint aber alle Staaten der Erde doch unweigerlich zusammenzuschmieden: Sie alle sind an (wirtschaftlichen) Erfolgen interessiert, sie alle wollen den anderen in irgendeiner Weise übertreffen. Aus diesem Grund gilt auch die Behauptung, dass die Politik nur der Spielraum ist, den Technik und Wirtschaft ihr lassen - keiner fragt z.B. ernsthaft nach den Menschenrechten, wenn es darum geht, Milliarden-Deals über die Bühne zu bringen.

2.2. Vollbeschäftigung als Ziel

Damit eine Nation gut dastehen kann, benötigt sie ein funktionierendes Wirtschaftssystem und eine stabile Währung. Dies lässt sich am leichtesten dadurch erreichen, dass alle Mitglieder des Staates für eben diese Sache eintreten, z.B. indem jeder arbeitet. So ist auch die Vollbeschäftigung als hohes Ziel gesetzlich verankert worden, und zwar ironischerweise durch die tatkräftige Hilfe der Gewerkschaften, die die Arbeiter dadurch nur noch mehr an das Arbeiterdasein fesselten, statt sie daraus zu befreien.

2.3. Forderung nach Sinn der Arbeit

Natürlich gab es gegen das zunehmende allgemeine Arbeitertum auch Proteste. Die 68er-Revolte z.B. versteht sich als Gegner der Arbeitergesellschaft, dennoch wirken ihre Programme oft gerade umgekehrt. Man spricht von einem modernen Protestantismus, denn genauso wie die Betreiber der Reformation wollten die Betreiber der 68er-Revolte die Institution, gegen die sie antraten - in diesem Falle die Arbeitergesellschaft -, nicht zerstören, sondern sie nur erneuern, modernisieren. Sie forderten daher nicht ein Recht auf Faulheit, sondern im Gegenteil, ein Recht auf Arbeit - allerdings auf sinnvolle Arbeit. So wurde z.B. verlangt, statt Panzern medizinische Geräte zu bauen, statt auf Atomkraft auf Sonnenenergie zu setzen usw. Dieses Vorgehen sollte zumindest einen Hauch von Ethik zurück in den Kreislauf der Wirtschaft bringen.

2.4. Wider dem entmenschlichten Materialismus

Also lässt sich feststellen: Die ökologisch-alternative Politik- und Konsumkritik führte nicht zu einem Ausstieg aus der Industriegesellschaft, sondern zu deren Modernisierung. Dabei zeichnete sich ein Wandel vom Handwerk zu Dienstleistungen ab, das in nächster Zukunft wohl der am stärksten wachsende Wirtschaftszweig sein wird. Es bleibt demnach dabei, dass das Recht auf Faulheit dringend erforderlich bleibt, denn sonst ist der Kollaps der Gesellschaft nicht mehr allzu fern. Ein Volk von reinen Arbeitstieren hat etwas Roboterhaftes, Ungesundes an sich; schon wenige überzeugte Faulpelze, die gesellschaftlich akzeptiert oder wenigstens toleriert würden, könnten das Element der Menschlichkeit in eine solche Gesellschaft zurückbringen. Erich Fromm fordert daher: Weg vom Materialismus, hin zum Menschen!

3. Ergebnisse der Wertewandel-Forschung

Eine "nachindustrielle" Gesellschaft sollte, wie herausgearbeitet, über das Recht auf Faulheit verfügen. Um ein solches Recht zu Institutionalisieren ist aber zunächst ein Wertewandel erforderlich, und zwar dahin gehend, dass die Arbeit nicht mehr als die höchste Erfüllung des Lebens angesehen wird. Schnell erkennt man, dass ein solcher Wertewandel bereits eingesetzt hat, dass also bereits eine stille Revolution in den Köpfen der Arbeitnehmer stattgefunden hat.

3.1. Abnahme des Stellenwertes der Arbeit

Sehen wir uns an, welche Anzeichen die Empiriker (v.a. bei Jugendlichen) haben finden können, die andeuten, dass der Stellenwert der Arbeit sich massgeblich geändert hat:

  • Ordentlichkeit und Pünktlichkeit werden nicht mehr als so erstrebenswerte Tugenden angesehen wie noch vor einigen Jahrzehnten.
  • Familie und Partnerschaft sind die wichtigsten Lebensinhalte, während die Arbeit einen verstärkten "Mittel zum Zweck"-Charakter bekommen hat.
  • Technik hat auch ihre Schattenseiten und nicht nur Vorteile.
  • Es gibt Persönlichkeitsentfaltungsziele und Selbstverwirklichungsziele, die nicht nur durch Arbeit erreicht und befriedigt werden können.
  • Das allgemeine Kommunikationsbedürfnis wächst offenbar, wodurch Familien, Cliquen und Vereine Hochkonjunktur feiern, Arbeitsplätze aber an Reiz verlieren.
  • Die Detailkritik am Arbeitsplatz nimmt zu; man spricht von höherer Lebensqualität, was früher überhaupt kein Thema war.
  • Frauen arbeiten aus anderen Gründen als Männer; sie suchen eher Abwechslung und sind sozial motiviert, statt Karriere machen zu wollen und materiell orientiert zu sein.
  • Männer fordern mehr Freizeit, Frauen mehr Zeit für die Familie.

Die oben stehenden Aussagen sprechen für sich selbst: Der überhöhte Stellenwert der Arbeit hat in den letzten Jahrzehnten offenbar deutlich abgenommen. Auf mögliche Gründe dafür kommen wir im nächsten Kapitel zu sprechen, doch ein potenzieller Grund sei schon gleich hier eliminiert: Häufig wird behauptet, es sei schuld des Bildungssystems, dass die heutige Jugend nicht mehr in dem Masse zur Arbeit motiviert sei wie einst ihre Eltern und Grosseltern. Doch hat sich gezeigt, dass gerade diejenigen, die lange im Bildungssystem verblieben sind (z.B. Studenten), lieber arbeiten wollen, als diejenigen, die nur kurz darin verblieben sind (z.B. Hauptschüler). Die Arbeitsunlust ist demnach also nicht durch das Bildungssystem verursacht worden.

3.2. Schizophrenie in den Köpfen

Wir sehen die oben stehenden Aussagen und empfinden grösstenteils selbst so. Dennoch scheint es aber die Regel zu sein, dass sich nahezu jeder sofort einen Arbeitsplatz sucht, so wie er die Chance dazu hat, und diesen i.d.R. auch gewissenhaft ausübt. Darin findet sich ein gewisser Grad an Schizophrenie: Einmal sieht man die Arbeit als nichts Erstrebenswertes an, zum anderen arbeitet aber fast jeder mehr, als er unbedingt müsste (Halbtagesberufe gehören daher nicht unbedingt zu den begehrtesten Stellen). Öffentlich übt man also einen Beruf aus, den man privat diffamiert; der Wert der Arbeit scheint mit der Tageszeit ab- und zuzunehmen.

Da liegt der Verdacht nahe, dass die oben gemachten Aussagen nur kurzfristige Tendenzen wiedergeben oder das die heutigen Aussagen mit den früheren nicht direkt vergleichbar wären, weil z.B. die derzeitige Jugend wesentlich länger im Bildungssystem verbleibt als früher. Und wirklich, solche Verdachtsmomente sind gerechtfertigt, ist es doch eine unumstössliche Tatsache, dass es so schlimm um die Arbeitsmoral der Jugendlichen gar nicht stehen kann, denn nur ein kleiner Prozentsatz von ihnen könnte sich ein glückliches Leben ganz ohne Arbeit vorstellen - und dieser Prozentsatz ist auch deutlich kleiner, als die tatsächlich gegebene Arbeitslosenquote!

4. Das Wertependel

Im vorherigen Kapitel wurde schon angedeutet, dass der festgestellte Wertewandel möglicherweise nur eine Tendenz wiedergibt, und damit womöglich bloss eine relativ kurzfristige Erscheinung ist. Betrachtet man die Geschichte der Arbeit, spricht einiges für diese Hypothese, denn ähnliche Anti-Arbeitsbewegungen gab es in der Vergangenheit immer wieder. Seit der Französischen Revolution lassen sich vier grosse Geschichtsströmungen identifizieren, die sich jeweils in die Phasen Innovation, Marktreifung und Marktsättigung unterteilen lassen. Und jedes Mal schlägt das "Wertependel" zu Beginn der Phase der Innovation in Richtung Produktivität aus, und zu Beginn der Phase der Marktsättigung in Richtung Kontraproduktivität.

Schlüsseln wir diesen Zusammenhang einmal etwas konkreter auf:

  1. Um 1795: Der Webstuhl und die Dampfmaschine als Basisinnovationen kurbeln die Wirtschaft an. Nachdem der Markt gesättigt ist, verhallen die Rufe, die die Arbeit lobten. Stattdessen versuchte man, durch die Bewegung der Romantik, Irrationalität und menschliches Gefühl wiederzufinden.
  2. Um 1848: In diesem Geschichtsstrom tauchen Eisenbahnen und Dampfschiffe als Innovationen auf - die Menschen stürzen sich erneut voller Elan in die Arbeit. Doch zu Beginn der Sättigungsphase wird das Ideal der faulen Bohèmer hochgehalten und der Frauenemanzipation gefrönt.
  3. Um 1896: Die Elektrizität revolutioniert die Wirtschaft und schafft Millionen von Arbeitsplätzen. Doch nach Abebben der Konjunktur werden rasch die Rufe "Zurück zur Natur" lauter. Das Pfadfindertum entwickelt sich und die Suffragetten stehen im Mittelpunkt des Weltinteresses.
  4. Um 1948: In diesem letzten Geschichtsstrom dominiert der Einsatz von Öl die Wirtschaft. Doch auch hier kam es zu Beginn der Sättigungsphase - nämlich 1968 - zum Aufruf zur Kontraproduktivität durch Hippie- und Ökologie-Bewegung.

5. Der lineare Zug im Wertependel

5.1. Wiederholt sich Geschichte nur ewiglich?

Im vorherigen Kapitel haben wir gesehen, dass geschichtliche Ereignisse dazu führen, dass sich die Werte der Gesellschaft ändern können. Da solche geschichtlichen Ereignisse periodisch auftreten, ändern sich auch die Werte der Gesellschaft in ebensolcher Weise. Das Wertependel schlägt also einmal nach der einen Seite und dann wieder nach der anderen Seite aus. Derartig oberflächlich betrachtet bekommt die Geschichte die Dimension der ewigen Wiederholung auferlegt: Alles, was war, kommt wieder, und alles, was noch kommt, war schon einmal da. Welchen Sinn hat dann aber ein Wertewandel, wenn letztlich doch alles beim Alten bleibt?

5.2. Geschichtliche Wiederholung mit stetigem Fortschritt

Es bleibt eben nicht alles beim Alten. Die Geschichte wiederholt sich nicht von den Ereignissen her ewig, sie wiederholt nur gewisse Konfigurationen, sofern die äusseren Bedingungen gegeben sind. Die Werte pendeln dabei zwar nur zwischen zwei antithetischen Ausprägungen hin und her, aber insgesamt gesehen schreitet die Entwicklung der Gesellschaft doch linear voran. Ob der lineare Zug im Wertependel, d.h. der eigentliche Fortschritt, dabei tatsächlich eine Besserung der Lebensverhältnisse mit sich bringt, sei dahingestellt - und ist hier auch unerheblich. Wichtig ist nur, dass der Fortschritt als solcher von den Menschen als Besserung empfunden wird.

6. Der Gang zur globalen Industriegesellschaft

Der Fortschritt, ob er nun stetig voranschreitet oder einem "Zwei Schritte vor, einen Schritt zurück"-Rhythmus folgt, drückt sich bezüglich der Arbeit in einem allgemeinen Programm aus:

  • Die Arbeit wird verallgemeinert, d.h., der Fortschritt führt zu einer Arbeitergesellschaft, in der jeder irgendwie zu arbeiten hat.
  • Die Arbeit wird zunehmend monetarisiert, d.h., sie wird eher Mittel zum Zweck als eigentlicher Lebensinhalt.
  • Die Arbeit wird wissenschaftlicher, also immer rationaler, gestaltet.

Durch die oben genannten Programmpunkte erhält man letztlich Arbeitsplätze, die personenneutral, geschlechtsneutral und kulturneutral sind. Doch dieser Zustand ist noch lange nicht allgemein erreicht, man denke dabei nur an die Schwellen- und Entwicklungsländer. Doch auf lange Sicht wirkt der Fortschritt weltweit dahin gehend, dass alle Länder wirtschaftlich (und dadurch bedingt auch politisch, sozial und kulturell) näher aneinanderrücken - es sei denn, dieser Prozess würde durch eine globale Katastrophe gewaltsam unterbrochen werden.

Der Fortschritt folgt damit jenem Pfad, der sich schon in dem Ideal des Nationalstaates des 19. Jahrhunderts zu erkennen gibt: Hier wurden zum ersten Mal wirtschaftliche Aspekte unter globalen Gesichtspunkten gesehen, wenn auch noch auf nur eine Nation beschränkt. Der Fortschritt zeigte aber rasch die Grenzen des Nationalstaates auf: Für die kleinen Alltagsprobleme ist er zu gross, für die grossen Probleme, wie z.B. Ölkrisen, zu klein. Der Gang zur globalen Industriegesellschaft muss also zwei polaren Ansprüchen gerecht werden: Er muss dezentral die sozialen Probleme bearbeiten - also dem Programm der Linken Rechnung tragen -, und er muss gleichzeitig zentral die weltweiten Probleme behandeln - also dem Programm der Rechten Rechnung tragen.