Börse - Eine spannende Herausforderung
Börsen-Page von Daniel Schwamm (01.01.2000)
Inhalt
Vor ein paar Jahren hatte ich 15.000 DM angelegt, in Bundesschatzbriefe
oder etwas ähnliches. Da gab's noch satte 8% Zinsen für's Nichtstun.
Lohnte sich. Hey, reichte glatt für meine Monatskarte (war Student ohne
Auto)!
Nun bin ich kein Student mehr, verdiene etwas mehr Kohle, kümmerte
mich ein Jahr nicht nicht drum und mein Giro wurde dicker und dicker.
Schliesslich sah sich meine Bank genötigt, mich von der Ineffizienz
"giro-geparkten" Geldes zu überzeugen. Packten ein paar Unterlagen mit
Anlage-Tipps dazu. Las Festgeld-Infos. Las Bundesschatzbrief-Infos.
Las Fonds-Infos. Las ich noch einmal. Und noch einmal. Mann, klang das alles
öde.
Dann gab's da diese Quarks & Co-Sendung über die Börse. Das klang
schon besser. Viel besser. Ja, richtig spannend. Besuchte gleich am nächsten
Tag deren Homepage, zog mir sämtliches Material dazu rein, fand so diverse
Web-Adressen von Direktbanken, verglich diese miteinander, liess mir
ihre Snail-Mail-Infos zukommen, stellte Fragen per E-Mail, hörte mich
in Broker-Boards um, inspizierte und analysierte, das volle Programm, und
entschied mich dann letztlich für die ComDirect
(www.comdirect.de).
Nun bin ich Börsianer. Der Kursspion!
Lange Zeit wollte ich es nicht wahrhaben, aber Fundamentaldaten spielen
an der Börse nicht die Rolle, die man denken könnte. Denn wenn der DOW
fällt, fallen auch die Aktien mit den besten Geschäftsdaten mit. Nur eine
aktuelle Top-Neuigkeit kann da mal den Absturz kurzfristig unterbrechen.
Insbesondere für Kurzfrist-Anleger wie mich - bei mir ein Tag bis drei Monate -
spielt die Psychologie eine grössere Rolle als Fundamentalwerte. Viel
Geld habe ich bereits verloren, nur weil ich mich von meinem nach
fundamentalen Gesichtspunkten gekauften Werten nicht trennen wollte,
weil ich einfach nicht glauben wollte, dass sich die Wertentwicklung
sklavisch an den DOW-, COMPX-, DAX- und/oder NEMAX-Entwicklung ankoppelt.
Nach jedem "Oktober-Crash" der letzten drei Jahre sass ich dann vor meinem
Depot, einem Scherbenhaufen, teilweise 80% verloren, obwohl die Werte
vier Wochen früher noch dick im Plus waren.
Auch die oft gehörte Strategie, "Kaufen und 5 Jahre liegen lassen", wäre
bei mir bisher nur teilweise aufgegangen, selbst bei "Blue-Chip"-Werten wie
Compaq. na gut, ich bin erst seit drei Jahren dabei, aber von den 20 mit Verlust
verkauften Werten hätten sich inzwischen nur 2 Werte wieder erholt. Das durch
die Verkäufe frei gewordene Geld, das konnte ich jedoch woanders gewinnbringender
anlegen. Zugegebenermassen nicht immer :-(
Die ComDirect-Bank war so freundlich, mir irgendwann einmal eine Zeitschrift zu
liefern, "Technical Investor", die mich auf Anhieb faszinierte. Nannte sie doch
eine ganz andere Strategien zum Aktienkauf als die Fundamental-Analyse. Okay,
der Technische Analyse (TA) alleine trau ich auch nicht über den Weg, Fundamentaldaten
behalte ich weiterhin im Auge. Aber die Idee, aus dem Chart Indikatoren abzuleiten,
die mir ein Kauf- oder Verkaufssignal liefern, hat was. Insbesondere für mich
als Programmierer, mit einigem Background-Wissen zu Neuronalen Netzwerken und
statistischen Verfahrensweisen. TA ist aber mehr als nur Chart-Technik; es wird
auch die Psychologie der Börse untersucht (etwa der Einfluss der amerikanischen
Präsidentenwahlen auf den DOW), die grossen langfristigen Trends (manchmal
über 100er von Jahren, z.B. die Goldpreisentwicklung) und vieles andere mehr.
Ist eine grosse Spielwiese, das Ganze. Nicht alles wissenschaftlich-seriös, wird
doch oft versucht, Zufallsentwicklungen vorherzusagen, die nicht vorhersagbar
sind.
Mach aber dennoch Spass. Und hey, schlechter als die reine Fundamentalanalyse wird's
hoffentlich nicht werden, sonst muss ich mich von der Börse verabschieden - sie
kostet mich derzeit einfach zu viel Geld. Nur ob aufhören noch geht? Das Börsenfieber
ist ziemlich hartnäckig. Vermutlich werde ich es genauso wenig wieder los, wie
mir bei allem Rationalismus bisher die Lust an Zigaretten vergangen ist. Jedenfalls
bringt die Börse jeden Tag wieder Spannung ins Leben.
Okay, TA, ein paar Erkenntnisse dazu:
Steigen die Kurse und das Volumen, wird der Kurs immer
sicherer. Interessant sind v.a. Kurssteigerungen + steigende Kurse kurz vor der
Veröffentlichung von Quartalsdaten; man kann dann davon ausgehen, dass positive
Zahlen herausgegeben werden. Auch Trendwenden lassen sich aus Volumen-Daten
ableiten: Durchbricht z.B. das Volumen den eigenen 100 Tage-Durchschnitt, kann
dies als Vorlaufssignal für eine Trendwende interpretiert werden.
Über die letzten Jahrzehnte lassen sich aus der Chart-Entwicklung Monatstrends
herauslesen. Beispiel 2000: Ein Blick auf die Monatstrends hätte mir verraten,
dass September und Oktober schlechte Monate für den DOW sind, dass es also sinnvoll
gewesen wäre, "long in cash" zu gehen, d.h., die Aktienpositionen zu verkaufen,
bevor sie im Zuge des DOW-Verfalls ebenfalls den Bach heruntergehen. Es gilt:
- DAX:
- +: Februar, Dezember
- +/-: März, April, Juni, Juli, November
- -: Mai, August, September, Oktober
- DOW:
- +: Januar, April, November
- +/-: Februar, März, Mai, Juli, Dezember
- -: Juni, August, September, Oktober
Charts kann man sich mit verschiedenen Zeit-Mess-Skalen liefern lassen.
Bei der Analyse gilt: Hauptanalyse auf Tagesbasis, Überprüfung auf Wochenbasis,
Timing auf Intra-Day-Basis. Zusätzlich sollte man noch den Branchen-Index
der Aktie heranziehen (z.B. DAX 100 Automobile, DJWorld Financial, ...) und den
zugrunde liegenden Hauptindex (DAX, DOW, ...).
Eine grössere Korrektur ist zu erwarten, wenn:
- DAX fällt
- ADX nach oben dreht
Der ADX (Average Directional Movement Index) ist ein Indikator für die
Stärke eines Trends. Steigt der DAX und ist sein ADX(14) grösser als 20
Punkte, dann kann von einem starken Trend ausgegangen werden. Der ADX funktioniert
auch bei Einzelwerten. Das Erkennen der Trendstärke ist wichtig, denn starke
Trends sind träge, sie lassen sich durch News und Gerüchte kaum stören.
Der Kurs eines Wertes lässt sich mit Fahrradfahren vergleichen: Wenn eine
Konsolidierung vorliegt, fährt der Fahrer sehr langsam und schwankt in der
Richtung hin und her - schon ein leichtes Hindernis lässt den Kurs ausbrechen.
Solche Phasen sollte der Anleger erkennen und natürlich umgehen; und der ADX ist ein
geeigneter Filter hierfür.
Ein Handelssystem untersucht die historische Kursentwicklung eines Wertes und
erlaubt es über Indikatoren Kauf- und Verkaufssignale zu generieren. Im folgenden
wollen wir uns ein einfaches System überlegen:
-
Wir suchen uns eine fundamental starke Aktie zur Betrachtung
-
Wir bilden 2 SMAs (Simple Moving Averages), einmal mit 10 Tagen
und einmal mit 20 Tagen. Es gilt: Durchbricht die 10 Tage-Linie die 20 Tage-Linie
von unten nach oben, gilt das als Kaufsignal. Durchbricht die 10 Tage-Linie die
20 Tage-Linie von oben nach unten, gilt dies als Verkaufssignal.
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Die SMA-Indikatoren liefern nur zuverlässige Signale bei Aufwärtstrends.
Bei Seitwärtsbewegungen des Wertes werden zu viele Signale generiert, die auch
Geld kosten können. Auch Abwärtstrends liefern Fehlsignale, da meistens gilt,
dass Aktienwerte langsam steigen, aber schnell fallen (Gleitende Durchschnitte
sind naturgemäss träge und können auf solch schnellen Entwicklungen nicht
rasch genug reagieren). Fazit: Man sollte Seitwärts- und Abwärtsbewegungen
rechtzeitig erkennen und aus der Analyse herausfiltern
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Man setzt den ADX ein, um Trends von Konsolidierungsphasen unterscheiden
zu können. ADX-Werte über 20 Punkte plus steigende/fallende Kurse geben starke
Trends vor.
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Ein zusätzliches Einstiegskriterium könnte sein:
Kaufe nur, wenn der aktuelle Höchstkurs grösser ist als der Höchstkurs vom
Vortag (damit neutralisiert man etwas das Time-Lag der SMAs).