Transzendenz als Verbindungsglied zwischen Kunst und Religion
Geschwurbel von Daniel Schwamm (14.10.1991 bis 17.10.1991)
Ein Dialog
1: Der Mensch strebt nach Höheren.
2: Ach Gott nein, nicht schon wieder eine Theorie.
1: Doch, gerade ach Gott ja! Mit dem hat das nämlich
etwas zu tun.
2: Mit Gott? Oh je, oh je, oh je, kleiner theologischer Ausbruch
oder was? Ich dachte, du wärst Atheist.
1: Unsinn! Das habe ich nie behauptet.
2: Nun, du bist aus der Kirche ausgetreten, bist ein
Wissenschaftsfreak - da lag doch die Vermutung nahe, oder?
1: Ich halte viel von Jesus, aber wenig von den Kirchen. Und
gerade über die Wissenschaft bin ich wieder auf den Gott gekommen - auch
wenn es ein anderer ist, als der, den die Kirche oder auch Jesus
verkündete.
2: Mh, christlich: Gott als Vater, jüdisch: Gott als
Richter oder islamisch: Gott als Allwissender und Verstehender. Oder etwa gar
nicht mehr monotheistisch.
1: Könnte man sagen, ja. Ich bin wohl ein Pantheist,
einer, der in der Natur die Existenz Gottes zu finden glaubt. Also nicht
irgendwo irgendetwas einzelnes, was zu auserwählten Menschen sprechen kann
oder so, sondern vielmehr etwas Universales, was überall ist, in jedem
Baum, in jeder Wolke, in jedem Menschen - ja, in jedem Atom!
2: Die Wissenschaft lehrt: In Wirklichkeit existiert nur das
Atom und das Vakuum. Für Gott ist da kein Platz mehr.
1: Das sehe ich anders. Erstens: Auch das Atom ist weiterhin
spaltbar, also nicht absolut. Aber das nur nebenbei. Ich glaube, dass
die Materie von Gott oder wie ich es nenne, der Transzendenz, durchdrungen. Nur
ist diese Transzendenz für den Menschen sinnlich nicht erfassbar. Und
auch mit seinen technischen Geräten kann er dieser Transzendenz nicht auf
die Spur kommen, da sie sich substanziell wahrscheinlich nicht beweisen
lässt. Aber: Der Mensch spürt irgendwie, dass da noch
irgendetwas ausser der Realität ist.
2: Aha, eben wird es existenzphilosophisch. Wie Plato schrieb:
Wir alle sind an eine Höhlenwand gefesselt und sehen nur die Schatten der
Realität, die sich vor der Höhle abspielt.
1: Ja, unsere Sinne sind unseren Lebensbedürfnissen
angepasst. Luxus produziert die Evolution nicht. Ergo: Da die Transzendenz
für unser Überleben bisher nicht nötig war, können wir sie
auch nicht erfassen - fast nicht.
2: Fast nicht, weil die Menschen ja schon zu allen Zeiten
religiös waren und immer nach einer höheren Instanz suchten? Leuchtet
mit irgendwo ein. Ja, doch, muss ich sagen.